Zu diesem Buch
Derek Heaters Geschichte der Idee einer europäischen Einheit zeichnet sich – und das absolut konsequent von der ersten bis zur letzten Seite – durch
die Verbindung von vier Analyseperspektiven aus:
– den internationalen europäischen Kontext einer Epoche, in den die untersuchten Einigungspläne einzubetten sind,
– die Biographien der Autoren,
– die ausführliche Textanalyse und
– die Rezeptionszusammenhänge bis in die Gegenwart.
Kein anderer Autor weist so überzeugend wie Derek Heater nach, dass es eine historische politische Europaphilosophie gibt, deren Genese er Schritt für Schritt
rekonstruiert. Gleich einem genealogischen Baum zeichnet er die Visionen und Utopien nach, deren Protagonisten bis in die erste Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
ausgesprochene Berühmtheiten waren: Sully, Penn, Saint-Pierre, Kant, Saint-Simon, Victor Hugo und andere.
Die Gründergeneration der EWG schöpfte ebenso wie Winston Churchill, einer der Väter des Europarates, aus der Kenntnis dieser europapolitischen
Philosophen und ihrer Europapläne. Heater zeigt anhand des Wirkens von Leo Tindemans, Altiero Spinelli, Jacques Santer und Jacques Delors, auf deren
Konzepten die heutige EU gutenteils beruht, dass bis in die späten 1980er-Jahre das Prinzip von "Autor – Dokument" gegolten hat.
Zu Beginn des dritten Jahrtausends fehlt eine solche Persönlichkeit, die als Epizentrum des Vordenkens gelten könnte – ein Manko, das es angesichts der
Herausforderungen des zusammenwachsenden Europas um so dringlicher macht, sich dieser Denktradition zu vergewissern.
Die englische Ausgabe des hier erstmals in deutscher Übersetzung vorgelegten Überblicks von Derek Heater zur Idee der europäischen Einheit liegt
über ein Jahrzehnt zurück. Dennoch hat sie nichts von ihrer Relevanz für den akademischen Lehrbetrieb und für das Bedürfnis eines an
europäischer Allgemeinbildung interessierten Publikums eingebüßt. Sie ersetzt die inzwischen in die Jahre gekommene ältere Literatur zur Geschichte der
Europapläne. Derek Heaters profunde Biographie der Idee europäischer Einheit, die zudem den Vorzug sehr guter Lesbarkeit besitzt, haben die Wiener
Historiker Brigitte Leucht und Wolfgang Schmale bearbeitet und aktualisiert.
Der Inhalt
Vorwort zur deutschen Ausgabe · Vorwort des Autors zur englischen Ausgabe (1992) · 1 Zur Einführung: Mittelalterliche Ursprünge [Das
Vermächtnis der antiken Welt; Einheit und Vielheit im Mittelalter; Erste Einheitspläne] · 2 Das 17. Jahrhundert – Sullys Großer Plan [Das
Problem Habsburg; Sullys Memoiren; Der Große Plan] · 3 Zwei Freunde: Die Europapläne von William Penn und John Bellers [Die Kriege Ludwigs
XIV.; Die Quäker, Penn und Bellers; Die Europapläne von William Penn und John Bellers] · 4 Saint-Pierre und Rousseau: Das 18. Jahrhundert [Kriege
im Zeitalter des Kosmopolitismus; Das Projekt des Abbé de Saint-Pierre; Rousseaus Versionen; Wirkungen und Nachwirkungen] · 5 Im britischen Fokus: Das
19. Jahrhundert [Industrie und Revolution; Saint-Simons Reorganisation; Liberalismus, Nationalismus, Föderalismus] · 6 Im Schatten des Ersten Weltkriegs:
Die Zwischenkriegszeit [Die Probleme der 1920er Jahre; Föderalistische und paneuropäische Bewegungen; Briands Memorandum; Beurteilungen Briands]
· 7 Auf dem Weg zur Verwirklichung: Die europäische Integration nach dem Zweiten Weltkrieg [Die Herausforderung des Totalitarismus; Monnet und der
Pariser Vertrag; Spaak und die Römischen Verträge; Eine Beurteilung der 1950er Jahre] · 8 Unvergängliche Probleme: Schlussgedanken
[Kulturelle, geopolitische und institutionelle Themen; Historischer Kontext und Individualität der Autoren; An der Schwelle zu einem neuen Jahrhundert] · 9
Literatur- und Quellenverzeichnis · 10 Personenverzeichnis