Zu diesem Buch
Die universelle Gültigkeit der Menschenrechte hat Selim Abou anhand der philosophisch-anthropologischen und in neuerer Zeit auch psychologischen und
soziologischen Argumente ihrer Befürworter und Gegner umfassend recherchiert, exzellent analysiert und prägnant vorgetragen. Als christlichem Libanesen, der in
Frankreich studierte und heute in Beirut lehrt, sind ihm die traditionellen Werte des Westens ebenso zugänglich wie die des Nahen Ostens und der "Dritten Welt", so dass
ihm ein ausgewogenes und dennoch dezidiertes Urteil möglich ist.
Selim Abou leitet den Band mit der Auseinandersetzung um die These vom Kulturrelativismus ein, deren ganz praktische Folgen er am Beispiel der Indios in
Amerika und der Apartheid demonstriert.
Es folgt die engagierte Auseinandersetzung mit den Gesellschaftstheorien und Geschichtsphilosophien von Montaigne über Montesquieu, Rousseau und Hegel bis zum
Marxismus und Lévi-Strauss. Basierend auf dieser Analyse stellt Selim Abou dann Grundlage und Funktionen der Menschenrechte vor: fundiert im Naturrecht
– die Französische Revolution, Kant und Hegel stehen hier im Mittelpunkt – regulieren die Menschenrechte das positive Recht.
In seiner Synthese schlägt Selim Abou dann den Bogen zunächst zum Eingangskapitel und beleuchtet das Verhältnis von Menschenrechten und
Relativität der Kulturen. Den Konflikt zwischen dem Individuum als Menschen und dem Individuum als Bürger löst er auf im Prozess der Akkulturation, die
eine wechselseitige Durchdringung zeitigt – mit den Menschenrechten als moralischem Grundsatz und stabilisierendem Element.
Diese vehemente Kritik an einer funktionellen Betrachtungsweise des Menschen, welche die Grundlage eines instrumentellen Umgangs mit den Menschenrechten ist, stellt eine
Provokation all derer dar, die die Durchsetzung der Menschenrechte einem politischen Kalkül unterwerfen. Sie trifft auch jene Abteilungen der Humanwissenschaften, die
sich einem solchen funktionalistischen Denken verpflichtet fühlen.
Selim Abous Buch schließt eine gravierende Lücke in der deutschen Menschenrechtsliteratur – eine philosophisch-anthropologische Begründung
der Menschenrechte im interkulturellen Kontext. Es ist eine Herausforderung im doppelten Sinne: die Weiterentwicklung der Menschenrechtsdebatte jenseits des eigenen
"Gartenzauns" zur Kenntnis zu nehmen und ihr mit eigenen Beiträgen neue Impulse zu geben.
Der Inhalt
I. Das "Recht, anders zu sein" und seine verschiedenen Spielarten [Die Herkunftsgeschichte des Rechts, anders zu sein; Die Thematisierung des Rechts auf
Andersartigkeit; Spielarten des Rechts, anders zu sein] · II. Die "Humanität des Menschen": Paradox und Widerspruch [Der rationalistische Universalismus;
Der empirische Universalismus; Der formalistische Universalimus] · III. Grundlage und Funktion der Menschenrechte [Die Zweideutigkeiten des Naturrechts; Die
Lehren der Französischen Revolution; Grundlage und Funktion der Menschenrechte] · IV. Menschenrechte und Relativität der Kulturen
[Menschenrechte und Recht auf Andersartigkeit; Menschenrechte und Prozess der Akkulturation; Menschenrechte und Humanwissenschaften]