Zu diesem Buch
Weder in der schulhistorischen noch in der schulpädagogischen Forschung ist der Beruf der Lehrerin ein eigenständiges Forschungsobjekt. Subsumiert unter den
Begriff "des" Lehrers werden die Leistungen von Lehrerinnen für die Entwicklung des Schulwesens – oft genug gegen den Widerstand der männlichen Kollegen
erarbeitet oder von ihnen verschwiegen – auch in aktuellen pädagogischen Lexika nicht berücksichtigt: Ihre Beiträge zur Etablierung der
Mädchenbildung oder ihre tragende Rolle bei der Reform der Grundschule in den letzten zwanzig Jahren finden keinen Niederschlag.
Die hier bestehenden Verkrustungen aufzubrechen ist Anliegen dieses Buches.
Anhand biographischer Äußerungen von Lehrerinnen und an ihrem Lebens- und Bildungsweg Beteiligten wird deren Beruf aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln
beleuchtet. Es entsteht ein facettenreiches Bild vom Selbst- und Fremdverständnis der Lehrerinnen in den verschiedenen historischen Epochen und eine Dokumentation von
Wandel und Stabilität dieses Bildes durch die Jahrhunderte.
Die vorliegende Zusammenstellung enthält positive wie negative Erinnerungen von Frauen an ihre Lehrerinnen und deren Bedeutung für ihren Lebensweg, die von
Ambivalenz geprägten Meinungen von Familienmitgliedern zu der Absicht junger Frauen, Lehrerin werden zu wollen und ferner unterschiedliche Bildungserfahrungen
dokumentierende Äußerungen von Frauen über Frauenbildung. Außerdem nennen Lehrerinnen die Motivation ihrer Berufswahl – zumeist
wirtschaftliche Unabhängigkeit –, berichten über die miserable Qualität der Lehrerinnenausbildung und über erste
Professionalisierungsbestrebungen sowie über die Schulpraxis: die Freude an der Lehrtätigkeit wird oft geschmälert durch kräfteverschleißende
Arbeitsbedingungen. Zum Schluss sind Ansichten von Männern über Frauenbildung wiedergegeben.
Die Zitate sind, in sieben Kapitel aufgeteilt, jeweils durch ein alphabetisches Personenregister erschlossen. Das Gesamtpersonenregister ermöglicht den Zugang zu
zitierenden und zitierten Personen in allen Kapiteln, das Ortsregister weist Lehr- und Lernstätten nach.
Das mit diesem Band vorgelegte umfangreiche Quellenmaterial liefert der Forschung einen reichen Fundus für weitere Studien.
Der Inhalt
1. "... wir danken dir, du warst uns Frauen eine große Lehrmeisterin." Schülerinnen, Kolleginnen, Mitstreiterinnen, Freundinnen und Bekannte erinnern sich an
Lehrerinnen · 2. "Lernt etwas, dann braucht ihr nicht zu heiraten, wenn ihr nicht wollt." Eltern, Geschwister, Ehemänner, Verwandte und die Bildung der
Mädchen · 3. "Ich glaube, ich wäre gelehrt geworden, wenn mich die Vorsehung nicht für den Kochtopf bestimmt hätte."
Schülerinnen, Studentinnen, Lehrerinnen und "Bildungshungrige" über die Situation als weibliche Lernende und Lehrende · 4. "... als brauchbarer Mensch
mir selbst fortzuhelfen." Lehrerinnen und ihre Motivation, diesen Beruf zu ergreifen · 5. "... lieber Dienstmädchen in Berlin." Lehrerinnen und ihre
Ausbildung: in Familien, im Ausland, im Seminar und Referendariat, autodidaktisch oder gar nicht · 6. "Die liebenswürdigste Arbeit, fast die beglückendste
meines Lebens, war ein ‚Schülchen‘, das ich mit neunzehn Jahren anfing." Lehrerinnen, Schulgründerinnen, Gouvernanten, Erzieherinnen,
Institutsleiterinnen, Stifterinnen und Programmatikerinnen zum Thema Schule · 7. "Der Mann ist der Erhalter und Fortsetzer der Kultur. Alle Gebiete des
öffentlichen Lebens, die dem Kulturfortschritt dienen, sind sein Tätigkeitsbereich; mithin gehört ihm auch die Schule." Männerstimmen (z. T. in der
Erinnerung der betroffenen Frauen) zum Thema Schülerinnen, Studentinnen, Lehrerinnen, Akademikerinnen, Gelehrte und (weibliche) Bildungsanstalten ·
Literatur · Personenregister · Ortsregister