Zu diesem Buch
Das 17. Jahrhundert hat das Bewusstsein einer europäischen Identität gekannt, die sich klar von späteren Identitätsbegriffen unterscheiden lässt. In
ihr verdichteten sich die auf dem antiken Europamythos gründende Idee der res publica christiana (der Christlichen Republik), die Selbstdefinition durch die
Profilierung eines ‚fremden Anderen’ (Osmanisches Reich) und die Konzipierung eines europäischen politischen Systems. Zu diesem Ergebnis gelangt die
Erschließung neuer Quellen zur Formierung des Europabegriffs, welche in den illustrierten Beiträgen von Rolf Felbinger, Josef Köstlbauer und
Wolfgang Schmale analysiert werden. Untersucht wurden dabei nicht nur historiographische, kosmographische und politische Quellen der Zeit, sondern auch Libretti,
literarische (auch ‚dramatische’) Werke sowie Europadarstellungen. Die geographische Herkunft der Quellen umfasst West-, Mittel-, Süd- und
Ostmitteleuropa (Heiliges Römisches Reich mit Böhmen und Mähren, Niederlande, England, Frankreich, Spanien, Italien und Polen).
Die Beiträge des Buches basieren auf der Analyse von Dokumenten aus der Quellendatenbank "Europabegriffe und Europavorstellungen im 17. Jahrhundert", die im
Internet zugänglich ist:
http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/europaquellen/
Die in diesem Band vorgenommene Auswertung der in Form von Quellenautopsien vorliegenden Datenbankeinträge ist – über den sachlichen Ertrag für
die Europaforschung hinaus – auch ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie ‚Neue Medien’ für die geisteswissenschaftliche Forschung nutzbar
gemacht werden können.
Günter Kastners Beitrag führt in das Konzept der Datenbank ein und erläutert ihre Realisierung. Durch die Verwendung von Screenshots erhält der
Leser eine anschauliche Einführung in ihre Benutzung.
In einem Anhang werden sämtliche in den Beiträgen ausgewerteten Quellen durch Datenblätter dokumentiert, ein Register rundet den Band ab.
Der Inhalt
Wolfgang Schmale
Einleitung
Rolf Felbinger
"Europe, belle Europe,objet de mon amour ..." Überlegungen zum frühneuzeitlichen Prozess einer europäischen Identitätsbildung zwischen
staatspluralistischem und universalmonarchischem Denken
Josef Köstlbauer
Europa und die Osmanen – Der identitätsstiftende "Andere"
Wolfgang Schmale
Europäische Identität und Europaikonografie im 17. Jahrhundert
Günter Kastner
Das Projekt: "Europabegriffe und Europavorstellungen im 17. Jahrhundert" – ein Bericht aus der Redaktion