Zu diesem Buch
Die Emanzipation der Pädagogik als Wissenschaft
von der Philosophie vollzog sich in Ansätzen schon im 18. Jahrhundert. Der Frage, inwieweit diese Emanzipation nicht nur gegenüber der religiösen,
theologischen und kirchlichen Bevormundung stattfand, sondern sich auch gegenüber gewissen Traditionen der Philosophie, insbesondere der Metaphysik, vollzog, widmen
sich mehrere Beiträge dieses Bandes.
Die Autorinnen und Autoren umreißen in ihren Beiträgen drei große Themen der Aufklärungsforschung:
– die Bedeutung der wissenschaftlichen Bildung im Rahmen der Aufklärungspädagogik,
– die philosophische Fundierung der pädagogischen Reflexion und die Bedeutung dieser philosophischen Pädagogik im Aufklärungszeitalter und
– die relative Eigenständigkeit und den Wissenschaftscharakter der Pädagogik im 18. Jahrhundert.
Luciana Bellatalla (Pisa) skizziert den Widerspruch zwischen theoretischen Überlegungen und praktischer Schulpolitik beim Großherzog der Toskana, Peter
Leopold.
Gerald Grimm (Klagenfurt) stellt den böhmischen Gelehrten Karl Heinrich Seibt als Pionier und Wegbereiter der Pädagogik als akademischer Disziplin in der
Habsburgermonarchie vor.
Fritz-Peter Hagers (Zürich) Studie über Rousseaus Emile kommt zu dem Schluss, dass Rousseaus Pädagogik wissenschaftsgeschichtlich der Wende
vom Zeitalter natürlicher Systeme zu den historischen und empirischen Einzelwissenschaften zwar nahe kommt, aber noch zu sehr der philosophischen Gesamtkonzeption
des Menschen in seinen universellen Bezügen zur Wirklichkeit verpflichtet ist.
Christa Kerstings (Berlin) Beitrag greift in die aktuelle Debatte um die Anthropologisierung der Pädagogik ein. Er skizziert die wissenschaftstheoretischen
Voraussetzungen der im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts einsetzenden Wende zur Anthropologie und das u.a. von den Pädagogen Basedow, Wezel, Campe und
Resewitz formulierte anthropologische Programm und stellt die anthropologischen Positionen der Pädagogen Ernst Christian Trapp, Joachim Heinrich Campe und Johann
Struve näher vor.
Christoph Lüth (Potsdam) analysiert Rousseaus Emile hinsichtlich der Frage nach Begriff und Theorie der Natur in seiner Erziehungstheorie, dem sich daraus
ergebenden Unterricht über die Natur sowie dem Verhältnis naturwissenschaftlichen Wissens zum kulturwissenschaftlichen und soziologischen Wissen.
JoAnn M. Rapp (Chicago) arbeitet die gemeinsamen und die gegensätzlichen Elemente in den pädagogischen Konzepten von Benjamin Franklin und Thomas
Jefferson besonders hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Grundlegung heraus.
Lawrence Williams (Dundee) umreißt das schottische höhere Bildungswesen der Aufklärungszeit und stellt seine wegweisenden Persönlichkeiten
wie ihren Einfluss auf England, Irland und Amerika vor.
Die Beiträge
Luciana Bellatalla
Scientific Education and School Politics of Peter Leopold of Tuscany
Gerald Grimm
Staatliche und individuelle Glückseligkeit durch Erziehung und Unterricht. Die eudämonistisch akzentuierte Bildungsphilosophie des böhmischen Gelehrten und
Aufklärers Karl Heinrich Seibt und ihr pädagogisch-geisteswissenschaftlicher Kontext
Fritz-Peter Hager
Die philosophische Theorie der Erziehung, das Problem der Pädagogik als autonomer Wissenschaft und die wissenschaftliche Bildung in Rousseaus Emile
Christa Kersting
Wissenschaft vom Menschen und Aufklärungspädagogik in Deutschland
Johann-Christoph Lüth
Der Unterricht über die Natur in Rousseaus Theorie einer natürlichen Erziehung
JoAnn M. Rapp
The Role of Science in the Educational Philosophies of Benjamin Franklin and Thomas Jefferson
Lawrence A. Williams
Philosophy and Higher Education in the Scottish Enlightenment